Konzertbericht

Miyavi in Köln

07/11/2009 2009-11-07 11:46:00 JaME Autor: Conny

Miyavi in Köln

Rock n' Roll is not dead.


© JaME
Der dritte Besuch in Deutschland in zwei Jahren, die zweite Welttournee. Man kann Miyavi wirklich nicht vorwerfen, dass er sich auf seinen Lorbeeren ausruht.

Dass er sich immer wieder neu erfinden kann, hat Miyavi in den letzten Jahren immer wieder bewiesen. Bei seinem ersten Konzert in Europa im Jahr 2007 stellte er eine völlig neue Band vor. Statt dem Standard-Lineup gab es einen Beatboxer/Rapper und einen Step-Tänzer und jede Menge neue Showelemente.
War das Thema seiner ersten Welttournee im vergangenen Jahr noch "Kabuki Boyz", so klang in diesem Jahr alles ein bisschen anders, ein bisschen erwachsener - "Neo Tokyo Samurai Black" - aber auf keinen Fall bescheidener.
Als Miyavi jedoch auf die Bühne kam, war nichts mit Kirschblüten, die geworfen werden, nichts mit aufwändigen Kostümen. Auch die Beatbox oder den Stepper vermisste man auf der Bühne. Stattdessen konnte man eine ganz neue Band sehen, bis auf den DJ, der auch schon in den letzten Jahren mit von der Partie war.
Miyavi ohne bunte Extensions, mit kurzen Haaren, ohne Piercings, nur er selbst in einfachen schwarzen Klamotten. Und dann dieses Opening: "Rock n‘ Roll is not dead" vom Album "Miyavizm". Purer Rock, ohne Hip-Hop Elemente, die Stimme ein wenig kratziger als sonst. Das war also der neue, alte Sound von Miyavi.

"I came to rock the hell outta you guys!"

Ein Versprechen, dass er definitiv halten sollte. Es ging weiter mit "Boom-HAH-Boom-HAH-AH" vom letztes Jahr veröffentlichten Album "This is the Japanese Kabuki Rock". Rap und Beatbox kamen vom Band und waren deswegen nicht besonders überzeugend. Aber die fehlenden Parts machte Miyavi mit seiner mitreißenden Art eindeutig wieder wett. Er versteht es, ein Publikum mit einzubeziehen und zu motivieren.
Auch "21st century Tokyo Blues" vom letzten Album schwächelte ein wenig aufgrund der fehlenden Mitglieder. Aber langsam schien sich das Publikum an den neuen Stil zu gewöhnen und ging immer mehr mit.
Es folgte ein kurzes MC, in dem er das Publikum begrüßte und betonte, wie sehr er sich freute, wieder in Europa und Deutschland zu sein.
Nach dem MC ging es weiter mit "Ame ni utaeba pichupichuchuppucha plan rain blues", im Gegensatz zu letztem Jahr nicht in der langsameren Version, sondern in einer schnelleren. Danach kam ein Spielchen, dass sich Miyavi trotz neuem Anfang wohl noch nicht ganz abgewöhnt hat – einen Ton auf der Gitarre spielen, erwartungsvoll ins Publikum schauen, bis es "MIYAVI!" schreit und das dann etliche Male wiederholen. Allerdings kamen die Fans hier in den Genuss, Miyavis Können auf der Gitarre zu hören. Auch "Please Please Please" sorgte für Gänsehaut.
Nach dem Song folgte das richtige MC.

Miyavi ist einer der wenigen japanischen Künstler, die sich wirklich Zeit für ein langes MC im Ausland nehmen. Er sprach hauptsächlich über die Veränderungen in seinem Leben, über seine Hochzeit und die Geburt seiner Tochter Lovelie Ende Juli, und über die Entscheidung, sein altes Label PSC zu verlassen. Er steht jetzt auf eigenen Beinen. Eigenes Label, neue Band, eine eigene Familie. Er sprach von Zweifeln, von neuen Aufgaben und davon, wie ihm seine Musik und vor allem seine Fans immer wieder helfen, neue Kraft zu schöpfen.
Nach diesen rührenden Worten stimmten Klaviertöne "Kimi ni negai wo" an - eines der wohl schönsten Lieder, die Miyavi je geschrieben hat. Diese eigentlich recht einfache Melodie, so sanft, irgendwie zerbrechlich und dieser sehnsüchtige Text geben eine perfekte Kombination ab. Schön war auch, dass sich die deutschen Fans hier mal zurückhielten und die Atmosphäre (zumindest die meiste Zeit) nicht durch unpassende Zwischenrufe oder Kreischanfälle zerstörten.
Auch Miyavi war sichtlich gerührt, als er sich für eine kurze Pause von der Bühne zurückzog. Danach ging es weiter mit "Super Hero", einem neueren Song, der vor allem wegen seines Textes überzeugte. Musikalisch ist dies ein perfekter Übergang zum Sound der letzten zwei Jahre, zurück zum "einfachen" Rock, aber auch ein ganz neuer Stil für Miyavi. Miyavis Worte "Even though my wings are broken, I will never stop trying to fly" fühlten sich jetzt doch ein wenig authentischer an, als sie das während dem MC vielleicht für manche taten.

Miyavi hielt übrigens auch sein Versprechen, mit dem er die Fans seit zwei Jahren vertröstete: Er spielte endlich "Freedom Fighters" in einer vollen, langen Version. Und die Fans dankten es ihm durch lautes Mitsingen und Tanzen. Zwar sagte er nichts mehr zu seinem "Versprechen", aber das breite Grinsen auf seinem Gesicht war Aussage genug.
Es wurde jedoch endlich Zeit für die etwas schnelleren Stücke. Mit "Eccentric Otona Yamai" vom Album "Galyuu" packte Miyavi einen ziemlich alten Song aus. Aber anders als auf dem Album ging seine Stimme live nicht in zu schnellen Gitarren unter, sondern schaffte es, dem Song eine neue Facette zu verleihen. Darauf folgte "V-Rock", ein Lied, das irgendwie zu jedem Miyavi-Konzert dazu gehört. Inklusive der Handtuch-über-dem-Kopf-herumschwingen-Aktion natürlich.

„Are you ready to rock?“
Auch wenn wenige Fans der Aufforderung “Bang your head!” folgten, dieses Lied brachte die Halle endgültig wieder zum Beben.

Miyavi wandte sich danach wieder an sein Publikum. Er erzählte von seinem Fanclub, den er seit diesem Monat übrigens auch Fans aus dem Ausland zugänglich gemacht hat. „We are one.“ Sagte er. Es mache nichts, welche Hautfarbe man habe, welche Sprache man spräche oder aus welchem Land man käme, die Musik würde uns alle verbinden. Wenn alle Fans, die so zustimmend ihre Hände hoben und ein Peace-Zeichen formten im wahren Leben so denken würden, dann wäre das wirklich beruhigend.
Bei „Subarashikikana, kono sekai -WHAT A WONDERFUL WORLD-“ war es relativ unnötig, das Publikum zum Tanzen und zur Bewegung zu animieren, das machten sie schon von ganz alleine.
Abschließend spielte MiyaviSakihokoru Hana no you ni -Neo Vizualizm-“, das textlich nicht nur einen Tribut an große Visual Bands wie X Japan, Luna Sea und Kuroyume darstellt, sondern auch eine Kritik an der Musikindustrie und ein Versprechen, immer weiter zu machen, egal was kommt. Es folgte "As U R“, ein weiterer neuer Song, allerdings noch im alten Stil. Ein ermutigender Text und positive Melodie sind eine schöne Art, sich von seinem treuen Publikum zu verabschieden.

Es gab keine Zugabe, was Miyavi aber schon angekündigt hatte. Er hat gezeigt, wie er sich im letzten Jahr verändert hatte, wie er mit schwierigen Aufgaben umging und wie er trotzdem nicht vergaß, wer ihn immer unterstützt und akzeptiert hatte und wie er feierte, egal ob er im Kimono und Hip-Hop-Kappe oder einfach wie er selbst auf der Bühne erschien. Egal, welche Art von Musik er macht. Es ist vor allem sein Wesen, seine Art, die seine Fans an ihm lieben. Man merkt ihm an, mit wie viel Freude und Energie ihn ein solches Konzert erfüllt, und er schafft es, diese Freude und Energie wieder an sein Publikum weiterzugeben.

Miyavi verabschiedete sich von seinem Publikum mit den Worten „As long as you keep calling my name, I will always be back.“ Ein Versprechen, das er hoffentlich halten wird.
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