Konzertbericht

KOKIA in Köln

05/07/2009 2009-07-05 22:14:00 JaME Autor: Finja

KOKIA in Köln

Ein ganz besonderer Abend.


© JaME/ Dirk Dresler
Als Anfang des Jahres der Termin für KOKIAs erstes Deutschlandkonzert publik gemacht wurde, bekam dieser aus zwei Gründen einen Ehrenplatz in unserem Terminkalender. Einerseits war da die Neugier - Popsängerinnen aus Japan verschlägt es sonst eher nach Frankreich, wo die Nachfrage wesentlich größer ist, hierzulande kommt man höchstens als Besucher von Anime-Conventions in den Genuss. Berechtigt war also die Frage, ob so was hier auch im kleineren Rahmen erfolgreich sein kann und wie es überhaupt abläuft. Der zweite und gewichtigere Grund erschließt sich nach einem kurzen Youtube-Check schnell: KOKIA hat eine atemberaubende Stimme. Grund genug, sich die Dame mal live anzusehen.

Am 20. Juni bot sich die Chance für dieses Erlebnis: KOKIA lud ins Kölner Blue Shell. Die üblichen Verdächtigen, die man mittlerweile hierzulande von diversen Auftritten japanischer Künstler kennt, blieben an diesem Abend fern. Stattdessen lag der Altersdurchschnitt im Publikum diesmal wesentlich höher und auch die größere Männerquote fiel sofort auf. Eine bunte Mischung aus treuen KOKIA-Anhängern mittleren Alters, dezent kostümierten Anime-Fans und neugierigen Kölnern hatte sich eingefunden - und so unterschiedlich die Gäste auch waren, im Endeffekt starrten sie allesamt mit ähnlich begeisterten Gesichtsausdrücken auf die kleine Bühne, wenn sie die denn sehen konnten. Der Wermutstropfen an diesem Abend war nämlich definitiv die Location. Im Blue Shell haben schon einige geniale Konzerte stattgefunden, im Club kommt auch mit kleinem Publikum Stimmung auf, wenn getanzt wird. Nur kann man sich zu KOKIAs besinnlicher Musik schwer bewegen, wie Salzsäulen standen die meisten Gäste gedrängt vor der kleinen Bühne, die kaum höher als die Tanzfläche ist. Wer weiter hinten war, hatte dementsprechend einen grandiosen Blick auf zahlreiche Hinterköpfe - die Künstlerin selbst sah man dagegen kaum. Schade, denn während das Set an diesem Abend vor allem von der Stimme der Sängerin lebte, war auch ihre Mimik entscheidend, die man von hinten kaum wahrnehmen konnte. Und während weiter vorne nicht selten Tränen flossen, war die Stimmung im Bereich der Bar eher lau.

An KOKIA selbst lag das nicht: die Sängerin gab von Anfang an alles und überraschte mit ihrer perfekten Stimme. Kein falscher Ton, kein Zittern - hochprofessionell und dabei voller Gefühl. Magisch war das, und im Nachhinein mit Worten nur schwer zu beschreiben. Die Bühne teilte sich KOKIA mit einem Gitarristen, und während des relativ kurzen Akustiksets nahm sie sich immer wieder Zeit für kurze Interaktionen mit dem Publikum, bei denen sie nicht zuletzt mit ihrem guten Englisch und Deutsch auf charmante Art und Weise punktete. So kommentierte sie beispielsweise die Wärme in dem Club und nahm daraufhin dankend den Fächer eines Fans entgegen, um sich selbst zu erfrischen und auch den Leuten in der ersten Reihe etwas Luft zu spenden. Als ein Lied mit Vogelgezwitscher eingeleitet wurde, warf sie erst einen tiefen Blick ins Publikum, ehe sie lächelnd an die Decke deutete - und alle irgendwie an ihrer Fantasie teilhaben ließ. Nicht mal die Schleichwerbung für ihr neues Album ("Diese beiden Lieder stammen von meiner neuen CD, die könnt ihr übrigens hier kaufen!") konnte man ihr übel nehmen, hatte sie das Publikum durch ihre offenherzige Freundlichkeit doch stets auf ihrer Seite.
Wirklich emotional wurde es, als KOKIA schließlich "Remember the kiss" ankündigte. Eigens für dieses Lied hatte sie eine kleine Rede vorbereitet, die mit den Worten "Eltern singen Lieder für ihre Kinder, Liebende singen füreinander - und ich singe dieses Lied nur für euch" endete. Als die ersten Töne erklangen, lagen sich prompt sämtliche Pärchen in den Armen - und so schmalzig das auch klingen mag, in diesem Moment kam es einem gar nicht so vor. KOKIA ist süß, spielt mit diesem Image - wirkt dabei aber nie aufgesetzt, etwas, worin sie sich sehr stark von ihren japanischen Genrekolleginnen unterscheidet.

Seinen Höhepunkt fand das harmonische Set in sphärischen Liedern wie "Chouwa", bei denen KOKIA eine tatsächlich esoterische Stimmung kreierte, die einen staunen ließ. Jeder Song berührte, wenige schafften es, einen wirklich sprachlos zu machen. Aber gerade diese ließen einen froh sein, an diesem Abend im Blue Shell zu stehen - selbst, wenn man anstelle von KOKIA lediglich die Hinterköpfe der anderen Besucher anstarren konnte.
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