Konzertbericht

X Japan live in Tokyo

17/10/2009 2009-10-17 09:49:00 JaME Autor: Conny

X Japan live in Tokyo

Nach den erfolgreichen Reunion-Konzerten im März, dem hide Memorial Summit im Mai, dem Countdown Live des letzten Jahres und dem Konzert in Hongkong dieses Jahr war es am 2. und 3. Mai 2009 wieder so weit: X Japan spielten im Tokyo Dome.


© X Japan Production Management Committee
Fraglich allerdings war der Titel der Tour "World Tour in Japan“ sowie "Six Dome Shows“, der auf den Merchandise Produkten zu lesen war, die am 2. Mai vor dem Tokyo Dome verkauft wurden. Von einer Welttournee kann bei zwei Konzerten in Japan, einem in China, einem abgesagten in Korea und zwei abgesagten in Paris wohl eher nicht die Rede sein. Und wann und in welchem Dome die restlichen vier Shows stattfinden sollen, weiß bis zum heutigen Tag auch niemand.
Der Bereich um den Tokyo Dome war an diesem Tag überfüllt mit Cosplayern, kleinen und großen, jungen und alten X Japan Fans, die alle mit Spannung das Konzert am Abend herbeisehnten. Mit einer halben Stunde Verspätung erloschen um 18.30 Uhr die Lichter im Dome und tausende, leuchtende Penlights wurden gezückt, als auf der Bühne die Silhouetten der Band zu erkennen waren.

Statt der üblichen Orchesterversion von "Amethyst“ erklangen heute die ersten paar Takte von "The Last Song“. Nur Toshi’s Stimme und Yoshiki’s Klavierspiel war zu hören, zusammen mit den Stimmen von über 50 000 Zuschauern, die jede Silbe mitsangen.
Das eigentliche Intro folgte danach, die Bandmitglieder wurden vorgestellt, doch heute kam zwischen "On guitar: Pata“ und "On guitar: hide“ noch eine neue Zeile hinzu: "On guitar: Sugizo“. Erst wenige Tage vor dem Konzert stand fest, was viele X Japan Fans schon seit letztem Jahr geahnt hatten: Der Gitarrist von Luna Sea ist das neue feste Mitglied bei X Japan. Doch natürlich kann man nicht davon sprechen, dass Sugizo hide ersetzt. Er ist einfach nur ein neues Mitglied, das neben den anderen fünf zu einem Teil von X Japan wird.

"Rusty Nail“ eröffnete endgültig das Konzert. Der energiegeladene Song vom Album "Dahlia“ ist der Opener, den man von DVDs kennt, es ist der Song, der ein X Japan Konzert einleitet und das war er auch dieses Mal, mit einem Meer von Lichtern und einer Band, die auch mit einem neuem Mitglied perfekt harmonisierte.
Wie schon bei den Konzerten letztes Jahr, wurden auf den Leinwänden immer wieder Aufnahmen vom verstorbenen Gitarristen hide gezeigt, die so perfekt zu den Aufnahmen der Bandmitglieder, die das eigentliche Konzert spielten, passten, dass es nicht wirkte, als wäre hide nicht mehr hier, um mit der Band zusammen zu spielen. Man muss der Band und der Bühnenregie anrechnen, dass sie nicht wieder ein Hologramm eingeblendet haben, sondern sich auf die Videoaufnahmen beschränkten, die das ganze wieder ein wenig realistischer und weniger übertrieben gestalteten.

"Rusty Nail“ ging über in "Week End“, bei welchem Sugizo’s Rolle eindeutig klar wurde. Während der Gitarrensoli wurden lediglich Pata und die Videoausschnitte von hide auf den Leinwänden gezeigt, Sugizo stand im Hintergrund. Mit dieser Rolle hatten aber sowohl er als auch die Fans sich abgefunden, die ihn als neues Mitglied hundertprozentig akzeptieren.
Als nächstes wollte Sänger Toshi eigentlich die neue Single "Jade“ ankündigen, wurde aber immer wieder von Yoshiki’s Drums unterbrochen. Als er es dann endlich schaffte, und die harten, schweren ersten Takte des Songs angespielt wurden, machte sich eine seltsame Stimmung im Dome breit. Anstatt im Takt mitzugehen, blieben die meisten Fans komplett ruhig. Was manche so interpretiert haben, das der Song nicht gut ankommt, kann auch einfach als Interesse der Fans interpretiert werden, die sich das neue Stück erst einmal anhören wollen, bevor sie sich dazu bewegen.
"Jade“ zieht eine Linie zwischen dem alten Sound vom Album "Dahlia“ und dem neuen von der im letzten Jahr veröffentlichten Single "I.V“. Verzerrte Gitarren und aggressive Drums eröffnen das Stück, die erste Strophe wird lediglich von Bass und Drums begleitet, bis sie durch die melodiöse Bridge in den fast schon symphonischen Refrain übergeht. Sugizo’s Part in dem Song ist eindeutig der des zweiten Gitarristen, von hide oder seinem Einfluss war wenig zu merken.

Nach "Jade“ ging Gitarrist Pata auf dem mittleren Steg entlang, der von der Bühne führte und spielte ein Intro, das alle Fans sofort wieder in die "gute alte Zeit“ zurückholte. "Celebration“ in der Version, die hide früher als Soloteil in den Konzerten aufführte, wurde mit diesen bekannten Riffs eingeleitet. Diese Version unterschied sich deutlich von der Albumversion, und die Performance war ganz im Sinne und Stil von hide gehalten, inklusive bunter, übergroßer Plastikbälle, mit denen die Fans in der Arena spielten.

Nach einer kurzen Pause kamen Heath, Pata und Toshi allein auf die Bühne und spielten nach einem kurzen MC eine Akustikversion von "Rose of Pain“, die viel beeindruckender klang, als die Albumversion, obwohl sie so minimalistisch vorgetragen wurde. Wie man allerdings 10 Wörter auf eine Note singen kann, wurde mir auch bei dieser Performance nicht ganz klar. Toshi ist eben einzigartig.

Yoshiki kam nach einer weitern Pause alleine auf die Bühne und spielte nach einem kurzen Pianosolo das Intro zu "Tears“, das Stück, das er eigentlich für seinen verstorbenen Vater geschrieben hat und das nach hide’s Tod eine weitere Bedeutung bekam. Auf "Tears“ folgte ein – leider sehr kurzes – Duett von Yoshiki am Klavier und Sugizo an der Geige, eine Kombination, die so noch nicht dagewesen war. Eine beeindruckende Harmonie herrschte zwischen den beiden. Es flossen Melodien von bekannteren X Japan Songs wie "Unfinished“ oder "Art of Life“ zusammen mit neuen, noch nicht da gewesenen Klängen.

Es folgte "Dahlia“ und darauf eines der Lieder, die ein X Japan Konzert erst zu einem X Japan Konzert machen. "Kurenai da yo!“ ließ Toshi in seiner unvergleichbaren Art verlauten. Pyroeffekte und dunkelrote Beleuchtung im Dome unterstrichen die explosive Stimmung, die nun im Publikum herrschte. Und spätestens, als Toshi das Mikro hochhielt, und 50 000 Leute diese paar Zeilen sangen, war man in der Magie dieses Augenblicks gefangen.

In der darauffolgenden Pause hatte Yoshiki’s Nebenprojekt einen gemeinsamen Auftritt mit einigen Models der japanischen Kultmarke h.naoto. Den meisten X Fans sagten jedoch Elektroklänge und sonderbare Akrobatikeinlagen nicht zu, deswegen war es Zeit, sich zu setzen und wieder auf die "richtige“ Musik zu warten.
Die kam dann auch, als Yoshiki sich ans Schlagzeug setzte. Warum auf den Tourshirts im letzten Jahr "X Japan: to resume it's attack - towards destruction“ stand, wird einem erst richtig klar, wenn man das Drumsolo des Bandleaders gesehen hat. Sicherlich waren 30% reine Übertreibung, aber bis zur völligen körperlichen Erschöpfung malträtierte Yoshiki Drums, Keyboards und alles, was ihm sonst unter die Finger kam. Beeindruckend auf der einen und irgendwie beängstigend auf der anderen Seite war es, wie er nach einer viertel Stunde über seinen Drums lag.
Plötzlich ging ein Spot auf der Bühne an und Toshi sang die ersten paar Takte von "Without you“ a-capella, bis Yoshiki den Weg zur Hauptbühne zurückgefunden hatte. Das Lied, das er bereits vor einigen Jahren für hide geschrieben hat und das den schmerzlichen Verlust des Freundes und Bandmitglieds ausdrückt, dämmte die ausgelassene Stimmung, die noch während des Solos geherrscht hatte.

Nach so vielen Emotionen war es Zeit für "I.V.“, welches die Fans (genau wie letztes Jahr) einleiten durften, indem sie die ersten paar Zeilen des Refrains sangen. Das Stück überzeugte dieses Jahr vor allem durch die perfekte Wandlung auf der Grenzlinie zwischen aggressiv und kraftvoll, zwischen melodiös und symphonisch.
Mit "X“ wird normalerweise ein Konzert abgeschlossen, deswegen war ein bisschen Wehmut dabei, als die Fans sich bereit für den berühmten X Jump machten. Ein weiteres Highlight waren allerdings einige Mitglieder der Muteki Band, die während des Liedes auf die Bühne stürmten und mit großen Flaggen das Lied begleiteten.

"We are?“ – „X!“

Ein Ruf, der durch den Tokyo Dome hallte und immer wieder wiederholt wurde. Ein Beben, das durch die Halle ging, als 50 000 Menschen gleichzeitig hochsprangen. Eine ausgelassene Band. Das alles machte dieses Lied aus.

Trotzdem sollte das nicht das Ende sein. "Endless Rain“ bildete den heutigen Abschluss. Im Mittelteil verstummten nach und nach alle Instrumente und das Publikum durfte selbst singen und rührte so die Bandmitglieder nacheinander zu leisen Tränen.

Aus den Boxen ertönte "Say Anything“ und es war Zeit für die Band, sich von ihrem Publikum zu verabschieden. Ein riesiges hide Plushie diente als Ersatz für den Gitarristen, als die Band sich ein letztes Mal verbeugte. Lässt man dieses Element und die Violet UK Performance weg, kann man dies ohne Frage als die Art von Konzert bezeichnen, die man so schnell nicht vergisst.
WERBUNG

Zugehörige Künstler

WERBUNG