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J-Visual[ism] 2

18/05/2009 2009-05-18 14:00:00 JaME Autor: Viktor Hemminger

J-Visual[ism] 2

Ein buntes Potpourri des aktuellen Zeitgeschmacks

Album CD + DVD

J-Visual[ism] 2

9GOATS BLACK OUT, Ap(r)il, DaizyStripper, Danger Gang, DELUHI, PureQ&A, vistlip

Künstler: Diverse Künstler
Titel: J-Visual[ism] 2
Typ: Album
Release: Mai 2009
Stil: Rock / Metal / Pop-Rock
Bewertung: 7.5 / 10

Tracklist:

01. 9GOATS BLACK OUT - in the rain
02. Panic Channel - Kamisori
03. Danger Gang - core
04. vistlip - drop note.
05. DELUHI - HYBRID TRUTH
06. Ap(r)il - NOT BEAUTIFUL WORLD
07. 9GOATS BLACK OUT - sink
08. DaizyStripper - Dandelion
09. vistlip - Gizen MASTER
10. Pure Q&A - Momoiro Otome Kaidou
11. Danger Gang - Joukei no Kanata
12. DELUHI - Orion once again
13. Ap(r)il - R-A-T
14. PANIC★Ch - Energy
15. Pure Q&A - Yokushitsu Chirarism
16. DaizyStripper - Brilliant Days


Man sei daran erinnert, dass zu Beginn der Auslese ein Wettbewerb gestanden hatte. Da es niemals gelingt alle Topplatzierten zu bekommen, so kann man sich doch wenigstens freuen, dass sechs der acht Bands in den Top 15 vorzufinden waren. Zwei von ihnen sogar auf dem Treppchen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass das, was man zu hören bekommt, eine repräsentative Darstellung des aktuellen Musikgeschmacks der Fangemeinde ist. Dem Autor waren zwei der Bands gut geläufig, eine war in Vergessenheit geraten, und den Rest hat man sicher irgendwo schon mal gehört, ohne konkrete Lieder mit den Gruppen in Verbindung zu bringen. Angemerkt sei auch die augenzwinkernde Ironie, dass die einzige Band, die auf beiden bisher erschienenen "J-Visual[ism]" Samplern vertreten war, einen Tag nach Erscheinen der CD in unseren Gefilden bekannt gab, ihre Aktivitäten einzustellen. Man mag dem Autor nicht verübeln, wenn er nicht bei jedem Lied ins Detail geht. Es würde zu viel Platz einnehmen.


9GOATS BLACK OUT, eine der ultimativen Hoffnungen für Fans des klassischeren, melancholischeren Stils des VK, geben sich wie gewohnt keine Blöße. Eine sehr sanfte Strophe, gefolgt von einem explosiven Refrain - sofern man bei dieser überaus dezenten Band von explosiv sprechen kann. Ein paar Ähnlichkeiten im Gesang mit dem von Kyo von DIR EN GREY sind schwer von der Hand zu weisen. Aber im Großen und Ganzen ist es dann doch sehr eigensinnig. Die Band bleibt sich stilistisch treu, und gerade dieser Mangel an Experimenten dürfte wohl die meisten Fans freuen.

Panic Channel waren einst eine hoch gehandelte Band gewesen. Doch mit der Zeit wurde es immer ruhiger um sie und man verlor sie irgendwie aus den Augen. Hier bieten sie eine stark metallastige Leistung. Man merkt, dass das Quintett schon eine lange Zeit aktiv ist. Die Prägung alter Schule tut sich in der Komposition deutlich hervor und erinnert an Matina-Bands der späten Jahre. Sehr viel Melodik im ansonsten harten Refrain lassen Nostalgikerherzen höher schlagen.

Danger Gang bestehen, für die die es nicht wissen, komplett aus weiblichen Musikern. Dementsprechend muss man erst seine mentalen Prozessoren darauf einstellen. Denn bis man mit der Situation vertraut ist, ist das halbe Lied zu Ende. Aber es lohnt sich, den Song noch einmal zurückzuspulen und von vorne zu genießen. Ein wenig Punk und viel Hard-Rock mit Hang zum Metal bieten eine gelungene Mischung. Und sobald das kurze Gitarrensolo erklingt, ist man sowieso schon hin und weg.

Was nun folgt, kann mit folgenden Worten entschuldigt werden: „Die Band hat wohl mehr Fans auf ihrer Seite als so manch andere auf diesem Sampler“. vistlip bieten eine geradezu austauschbare Komposition. Sie tendiert zwar stellenweise zum Metal, ist an sich aber die typische populäre Unentschlossenheit hoch zehn. Der Refrain klingt gelungen, die verzerrten Stimmen machen sich auch nicht schlecht. Aber man hat solche Lieder gefühlte 5000 Mal alleine im vergangenen Jahr gehört. Da rettet auch das Gitarrensolo wenig. Sieht man davon ab, kann man es trotzdem als recht hörenswert bezeichnen.

DELUHI bieten wieder reineren Metal, mit leichtem Emocore Einschlag. Guter Rhythmus, gute Melodik, aber etwas zu wenig Balance. Dem Mischer sollte mit einem Lineal auf die Finger gehauen werden. Stellenweise geht das Schlagzeug geradezu unter, grad wenn es so fröhlich am Double-Bassen ist. Der Gesang stellt sich als die zentrale Macht dar. Die Gitarren scheinen oft vom Boden verschluckt, auch wenn man weiß, dass sie da sind. Sie profilieren sich leider zu wenig. Insgesamt dennoch gelungen.

Ap(r)il bieten eine Verschnaufpause von den vorangegangenen Riffs. Eine einfache Pop-Ballade mit genug Gefühlsbetonung als dass es nicht seine Hörer finden würde. Mit solchen Songs kann man sich schnell einen Major-Vertrag einhandeln. Auch nicht gerade eine selten gehörte Komposition. Es hat seine Momente, bleibt aber insgesamt eher blass. Vor allem im Vergleich zum bisher gehörten.

Dann folgen wieder 9GOATS BLACK OUT. Wie man eine Ballade atmosphärisch gestalten kann, zeigen sie wiederum deutlich. Dezibeltechnisch im selben Bereich wie ihre zuvor gehörten Kollegen, erschafft die Gruppe durch raffinierte Tonalitäten und Melodieflüsse eine sehr solide balladeske Rocknummer. Ein wenig kurz, aber angenehm.

DaizyStripper starten ebenfalls bedächtig leise. Danach geht es im Stile von PIERROT ein wenig fröhlicher zu Werke. Feine Nuancen von Janne Da Arc - und damit sind "fast schon eklatante Übereinstimmungen" gemeint - finden sich ebenfalls in dem reichen Bouquet. Was sie richtig machen, ist, dass ihr Pop-Rock wenig Angriffsfläche bietet. Ja, es ist sehr poppig. Ja, die Ähnlichkeiten sind da. Und ja, man muss eingestehen, dass es einen gewissen Rhythmus hat, der derart radiotauglich ist, dass man das Lied keinesfalls als schlecht bezeichnen würde. "Nicht jedermanns Geschmack" ist die einzige richtige Aussage zu diesem Stück. Auch wenn es an und für sich sehr trivial erscheint, da es derartige Lieder zuhauf gibt.

vistlip versuchen sich mit ihrem zweiten Song ein wenig zu rehabilitieren. Deutlich auf Metal getrimmt, machen sie ihre Sache diesmal auch deutlich besser. Der Refrain überzeugt, aber insgesamt bleibt dieser Song etwas arg ideenarm. Der Funke springt irgendwie nicht über. Der Hörer bleibt recht teilnahmslos vor seinen Boxen sitzen.

Pure Q&A fallen positiv durch ihre Instrumentalarbeit auf. Nicht unbedingt eine Innovation und der Vergleich zu Mix Speaker'S,Inc. drängt sich partiell auf, aber doch ganz gut genießbar. Gesang und Refrain sind relativ gewöhnungsbedürftig, weil etwas arg poppig geraten. Aber die guten Gitarren entschädigen diese Mängel. So sehr man sich auch mit dem Lied begnügen möchte, der Sänger macht alle Annäherungsversuche kaputt. In mehreren Situationen singt er derart unangenehm, dass man ihm nicht gerade die Friedenspfeife reichen würde.

Danger Gang nehmen sich bei ihrer Kür ein wenig zurück. Anständige Handwerksarbeit mit einer deutlich angenehmeren Stimme der Sängerin. In der Melodik scheinen bei ihr die Stärken zu liegen. Die Gitarren sind ein weiteres mal mehr als ehrenwert in Szene gesetzt worden. Und Summa Summarum hat man eine ordentliche Rock-Ballade: wieder ein Beweis, dass sich auch auf ausgetrampelten Pfaden stets unbeschrittene Stellen finden.

DELUHI bieten erneut ein handfestes Riff, welches mit genügend Groove die Strophe ausfüllt. Der Refrain ist hingegen etwas zu deutlich poplastig geraten. Diese Dualität aufrecht zu erhalten, gelingt dem Quartett ganz gut. Sofern man die Refrains außer acht lässt, ist es ein sehr guter Metal-Song, der auch hierzulande außerhalb der Szene Fans finden würde. Aber es ist dann doch dieser zu krasse Gegensatz, der dem Song die Note "Gut" verweigern muss. Auf eine "Zwei" bis "Drei" könnte man sich sicher einigen, aber das wäre das Maximum. Bei manchen Bands klappt es, bei anderen nicht. Und auch DELUHI haben schon bewiesen, dass auch sie gutes Songwriting beherrschen.

Ap(r)il setzen eigentlich da an, wo sie vorher aufgehört haben. Ein auf Charterfolg gebürsteter Song, der wenig Aufsehen erregt. Ein paar Spielereien in Form einer Radio-Frequenz Suche geben ein paar angenehme Sekunden. Der Rest aber bleibt erneut unglaublich blass.

PANIC★Ch. Was war es noch mal?... War das die eher poppige Alter-Ego Variante der Gruppe, oder umgekehrt? Musikalisch gesehen bietet der Anfang keinen Unterschied zum ersten Song. Von Oldschool ist hier nichts mehr zu hören. In ihren Metal mischen sie einige Pop-Elemente ein, und bestätigen einen darin, DELUHI gewisse Fehler anzukreiden. Metal-Strophe und Pop-Refrain schließen sich nicht aus. Für die Komposition hat man ferner ein paar gewöhnungsbedürftige Keyboard-Einheiten integriert. Zweck? Sinn? Man neigt dazu, es als avantgardistischen Schnickschnack zu deklarieren. Moderne Kunst wird halt nicht von allen verstanden.

Pure Q&A möchte man spontan eine Plagiatsklage an den Hals hängen. Das Riff ihres zweiten Songs erinnert stark an ein gewisses "Evergreen" von Due'le quartz. Der Sänger leistet sich dennoch nicht mehr die unerträglichen Fauxpas des ersten Songs. Er ist zwar immer noch nicht optimal besetzt, aber wenigstens passend zur Musik. Die Instrumente machen ihre Arbeit erneut sehr gut und das Hörvergnügen ist diesmal deutlich höher. Es reißt einen zwar immer noch nicht vom Hocker, aber es macht auch glücklicherweise nichts falsch.

Den Abschluss bilden noch einmal DaizyStripper. Man kann nicht umhin, zu sagen, dass diese Band auf dem Sampler geradezu verbraten ist. Die Musik ist im Vergleich zum Großteil derart professionell geschrieben, vielschichtig und - ja, muss gesagt sein - überproduziert, dass sie positiv hervorsticht. Eine wunderbare Ballade auf Rockgrundstein. Die stimmlichen Ähnlichkeiten zum Janne Da Arc Gesang sind auch hier wieder deutlich. Dafür baut die Gruppe einen übertriebenen Mittelteil ein, der sich an den Piano-„Eskapaden“ eines Yoshiki zu messen versucht. Schafft er nicht. Aber der gute Wille ist hier zu belohnen.

Über die beiliegende DVD lässt sich unsererseits leider keine Aussage treffen, da sie uns zur Bewertung nicht vorlag. Da es sich aber offenbar um eine PV-Sammlung handelt, dürfte dahingehend nicht viel anbrennen.

Fazit:
Die zu erwartenden Favoriten, mit Ausnahme von DELUHI, wurden ihren Rollen gerecht. Panic Channel empfehlen sich wieder für den CD-Kauf. Ap(r)il bieten Chartmusik ohne viel Drumherum. Pure Q&A schien auf diesem Sampler nicht mit der optimalsten Song-Wahl gesegnet, man hörte schon Besseres von ihnen. vistlip hingegen übertrafen die an sie gesetzten Erwartungen. Und es sei noch mal gesagt: der Titel der „Neuentdeckung“ muss an DaizyStripper verliehen werden. Sicher nicht jedermanns Geschmack, aber man muss anerkennen, dass die Lieder definitiv gelungen sind. Zwei Pop-Rock Songs auf dem Niveau abzuliefern, schaffen nur alte Haudegen der Post-VK-Szene in den mittleren Oricon-Charts. Und wenn man sich ihre bisherigen Chart-Platzierungen anschaut, dürften sie sich bald dieser illustren Riege anschließen. So viel sei zu den Bands gesagt.

Die Mischung auf dem Album ist gelungen, wenn auch ein wenig zerfahren. Die nicht lineare Anordnung der Bands, bei gleichzeitiger Nichtlinearität des gespielten Materials, lässt keine überzeugende Theorie zu, wie die Bands eingeteilt wurden. Für Einsteiger die perfekte Wahl vielleicht den einen oder anderen Liebling für sich zu entdecken. Für Langzeitfans ist es möglicherweise das erste handfeste Material ihrer Bands, dass man nicht für teures Geld importieren muss. Die Leute bei CLJ haben mit der Mischung einen guten Sampler zusammengestellt, der auf den ersten Blick stark Metal-orientiert erscheint, sich dann aber doch als recht abwechslungsreich herausstellt.
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Zugehörige Veröffentlichungen

Album CD + DVD 2009-05-05 2009-05-05
9GOATS BLACK OUT, Ap(r)il, DaizyStripper, Danger Gang, DELUHI, PureQ&A, vistlip
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