Review

DIR EN GREY - a knot of

08/11/2009 2009-11-08 12:00:00 JaME Autor: Viktor Hemminger

DIR EN GREY - a knot of

Was dem gemeinen Beobachter verborgen blieb, kommt hier zu Tage.

Konzert DVD

A Knot Of (European Press)

DIR EN GREY

Künstler: DIR EN GREY
Titel: a knot of
Typ: DVD-Konzertmitschnitte
Veröffentlichung: Februar 2009
Stil: Metal / Rock
Bewertung: zwischen 2.5 und 7.5 / 10


Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine ursprünglich nur für den Fanclub vorgesehene DVD auch den breiten Markt erreicht. Darum ist es umso erfreulicher, dass man diese Gelegenheit von einer Band wie DIR EN GREY geboten bekommt.

Absolut unerfreulich ist aber - vorneweg gesagt - die lächerliche "FSK ab 16"-Plakette, die die gesamte Vorderseite verunstaltet. Dem hiesig veröffentlichenden Label kann man dabei keine Vorwürfe machen, es muss sich schließlich an eine hirnrissige Gesetzesverordnung halten. Aber beim besten Willen, eine DVD auf der für den Käufer entscheidenden Front derartig zu entstellen (es handelt sich dabei um eine etwa 4x4cm große, blaue Plakette vor einem grau-schwarzen Cover), das ist vor allem für Sammler eine Frechheit, selbst wenn sie später im Regal verstaubend ihrer Zukunft entgegengammeln sollte. Als gäbe es nichts Wichtigeres, als den Herstellern unnötige Kosten zu verursachen - die am Ende dann doch nur wieder an den Verbraucher weitergegeben werden.

Andererseits ist nach Durchsicht zumindest eine Begründung gegeben, warum eine DVD mit Konzertausschnitten erst ab 16 freigegeben wurde. So mag zwar kein indizierungswürdiges Rammstein-Spektakel à la "Bück Dich" darauf zu finden sein, die Aktionen aber, die der Sänger mit seiner Mundhöhle veranstaltet, würden wohl kaum in einem Disney-Film auftauchen. Dazu aber später mehr.

Zu Beginn wird einem ein grober Überblick geliefert, wie die Fans weltweit den jeweiligen Konzerten entgegenfieberten. So bekommt man Paris, Austin (Texas), Los Angeles und London aus verschiedenen Jahren zur Betrachtung, wenn doch auch immer nur recht kurz und gewürzt mit einigen Kommentaren amerikanischer Fans. Danach folgt zur Einstimmung eine Vielzahl von Ausschnitten aller möglichen Konzerte, welche mit "Merciless Cult" unterlegt wurden. Und allen Freunden dieses Liedes sei gesagt: Es taucht - gefühlt - alle 10 Minuten auf, und die DVD hat derer knappe 90. Und das ist eigentlich schon das erste Problem für Leute wie mich, die Lieder in Heavy Rotation nicht ertragen können, denn solch gute Lieder darf man sich nicht madig machen lassen, indem man sie alle paar Minuten um die Ohren gehauen bekommt.

Deutlich wird diese Problematik besonders daran, dass selbst für das erinnerungswürdige Konzert in der Columbiahalle anno 2005 eben dieser Song ausgewählt wurde. Als ob an jenem Tag nicht genug geniale Lieder erklungen wären. Nach fast vier Jahren den ganzen Irrsinn in den ersten Reihen von der Bühne aus betrachten zu können, ist allerdings ein Erlebnis, das manchen Sammlern schon die Hälfte des Kaufpreises moralisch erstatten mag. Die anderen 50% Kaufpreis werden mit den irritierten Gesichtern bei den Rock im Park und Rock am Ring Festivals 2005 und 2006 bezahlt - es ist aber auch sehr sehr verstörend, wenn man den Frontman sich wie im Wahnsinn die Backeninnenseiten aufkratzen sieht, nur um ihn kurze Zeit später mit einer blutigen Visage zu erblicken.

Man merkt den Schnittmeistern an, dass die DVD ursprünglich für japanisches Publikum gedacht war. Stellenweise sind die Bildwechsel derart schnell nacheinander geschaltet, dass man sich an die Nachrichten über Fälle von Epilepsie Ende des letzten Jahrtausends erinnert fühlt. Für westliche Gehirne ist so was nicht erdacht. Die Hälfte geht verloren, weil man sich auf eine bestimmte Szene fokussieren will und dann schon die nächste serviert bekommt, ohne die vorherige vollends verarbeitet zu haben. Die großen Momente hat die DVD grundsätzlich immer dann, wenn sie als Konzertmitschnitt fungiert und mal länger an einem Ort bleibt und längeren Kameraeinstellungen Zeit lässt. Dass man nicht immer den besten Ton geboten bekommt, ist zwar teils störend, aber die eigenen Aufnahmen solcher Konzerte haben sicherlich keinen bessere Qualität. Und aus Fan-Sicht sei wohl angemerkt, dass miese Aufnahmen immer noch besser sind als gar keine. Für Nichtfans ist das allerdings eher ein Grund, Abstand von der DVD zu nehmen.

Als definitives Highlight des Silberlings seien die Aufnahmen 2006 im Budokan erwähnt. Unerwartet lange werden hier die Performances von "THE IIID Empire", "ryoujoku no ame" und "kodoku ni shisu, yueni kodoku" präsentiert. Und alles in bester Qualität, so wie man es von einer gescheiten Live-DVD erwarten würde. Der Killer, wenn man es so formulieren darf, ist dann aber doch "dead tree". Obwohl das Lied durch dauerndes Auftauchen in sämtlichen Ausschnitten kurz vor "bitte nicht noch einmal" steht, lassen einen die zugehörigen Bilder den Rest schnell ausblenden. Der eh schon wie in Trance agierende Sänger steht auf einem Podest (oder ähnlichem) und wird von Lichtsäulen umstrahlt. Diese Szene rentiert eigentlich schon alleine den Kauf. Nun, würde ihn rentieren, hätte man keine anderen Optionen - sprich: existierten keine anderen Live-DVDs der Band.

Danach geht es ausgedehnt durch die USA, die nach Betrachtung der Aufnahmen offenbar nicht die beste Option für den Sänger gewesen sind. Stellenweise hat man um den guten Herren Angst, was er intus gehabt haben könnte. Andererseits präsentieren sich dort auch ein paar bekannte Gesichter der amerikanischen Rockszene. Und wenn Jonathan Davis von KoЯn recht zufrieden am Rand steht und die Musik zu genießen scheint, weiß man, dass DIR EN GREY zumindest nicht umsonst nach Amerika gegangen sind. Und auch die Deftones lassen sich blicken. Was nebenbei noch in Amerika geschehen ist, wird in einer Art Tourzusammenschnitt verewigt, darunter ein ausgefallenes Konzert und eine FSK 16-Szene, bei deren Anblick selbst der frühe Marilyn Manson schon Schmerzen verspüren dürfte.

Zum Schluss noch ein sehr guter Ausschnitt eines Konzertes in Tokio im Dezember 2007, bei dem neben einem sehr atmosphärischen "The deeper Vileness" auch "CHILD PREY" recht interessant anzusehen ist.

Fazit:
Eine interessante DVD, die auch für den Preis von knapp 20 Euro ihre Berechtigung findet, wenn auch eher als Sammlungsvervollständigung. Gutes Material ist darauf auf jeden Fall genug zu finden, aber eben auch genug Mittelmäßiges und viele schwer zumutbare Zusammenschnitte - deshalb die Bewertung zwischen 2.5 und 7.5. Für Einsteiger definitiv ungeeignet und daher nur sehr bedingt empfehlenswert, für Fortgeschrittene ein interessanter Einblick und für Fans eine interessante Fundgrube - auch wenn man sich nach vier Jahren nicht mehr in der Menge der Columbiahalle wiederentdeckt.
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