Künstler: BAISER
Titel: Fleur de fleurs
Typ: Single
Release: Februar 1995
Stil: Goth-Rock
Bewertung: 7.0 / 10
Trackliste:
01 DELUSION
02 CLOSURE
03 DAMAGE
04 Dementia
Manchmal kann man sich sein Glück kaum vorstellen, so wie bei dieser CD. An sich kaum noch zu finden, gelingt es einem doch irgendwie durch Zufall an eines der Exemplare zu kommen. Und das beste ist, es ist noch aus der frühen Zeit der Band, also lange bevor sie sich zum Pop-Rock entschlossen hatten, den sie in den paar Monaten als Major-Band produzierten. Dementsprechend ist die Vorfreude riesig.
"DELUSION" ist dann auch genau das, was man erwartet hatte. Gothic-Industrial-Rock der rauesten und ungepflegtesten Sorte. Teils melodisch, teils derb dissonant singend brilliert Sänger Yukari von der ersten Zeile an. Und auch die Musiker lassen ihrem Talent freien Lauf. Gegen Ende besinnt sich Yukari dann kurzzeitig auf Melodie, bevor die letzte halbe Minute mit einem steigernden 'Sanges-Staccato' wieder die Herzen derer erwärmt, die im gezähmten Rock mancher heutiger Künstler keine Befriedigung finden.
Das zweite Lied auf der Platte erinnert dann sehr stark an einige Lieder von ihrem ersten Album "seppun ~kuchizuke~". Man fragt sich, warum diese wunderbaren Kompositionen einst weichen mussten. Wahrscheinlich weil der Komponist bei der Zweitbesetzung dann nicht mehr dabei war. Neben diversen Instrumental-Solos ist es wie so oft der Sänger mit seiner einzigartigen Stimme, der den Feinschliff setzt, wenn auch manchmal mit der Flex.
"DAMAGE" wälzt sich leider in dem, was man bei den Indies der 90-er so richtig gerne verdrängt. Zwar startet das Lied verheißungsvoll in einem wabernden düsteren Timbre, bevor Instrumente und Gesang einsetzen, aber das Hintergrundgelächter, das eindeutig Irrsinn, von wem auch immer, ausdrücken soll ist einfach nur furchtbar schlecht. Dass es bei 2/3 des Songs eine Stelle gibt, die so wahrscheinlich in der Diskographie BAISERs einmalig ist, ist leider nur ein kleines Pflaster auf einer tiefen Schürfwunde. In diesen wenigen Sekunden zelebriert die Band nämlich Punk vom Feinsten. Schneller Gesang und das alles begleitet vom eingeworfenen Gegröhle der Mitmusiker. Nur folgt dem wieder die Unterlegung mit geisteskrankem Gekicher - da hilft auch die gesteigerte Punk-Attitüde beim Zieleinlauf nicht wirklich. Zum Abschluss eine Art Ausklang nach qualvollem Tod, welcher vom Sänger Yukari doch recht überzeugend eingesungen wurde.
Der letzte Track ähnelt anfangs so gar nichts, was man von der Band kennt. Und dann wenn Yukari anfängt zu singen, macht's klick und man denkt sich: "Hey, das kenne ich doch!". Ja, man kennt es. Wenn man "ASH" im Regal hat, sollte man es eigentlich schon beim Namen besser wissen. Aber nomen est omen, und so schaltet sich das Gehirn erst spät ein. Ist aber auch schwer, bei zwei musikalisch fast grundverschiedenen Arrangements. Einzig die ferne Verbindung durch irgendwie an Die Ärzte erinnernde schnelle Pop-Punk Riffs, auf Gitarre bei dieser Version und auf dem Schlagzeug bei der Album Version, ist in beiden Stücken gleich. Diese Single Version ist instrumentell angenehm ruhiger. Der Refrain wirkt dadurch irgendwie deplaziert, andererseits ist die Strophe umso melodischer. Hin und wieder etwas deftiger, und kurzzeitig mit Stimmverzerrung gesungen, zieht sich das Lied manchmal zu sehr. Aber das ewig lange Gitarrensolo am Ende entschädigt dann doch für manche Ungereimtheit.
Fazit: Bis auf den halben Ausfall "DAMAGE", der auf dieser Neuaufnahme ihres zweiten Demotapes ruhig hätte weggelassen werden können, überzeugt die Single mit wunderbaren Kompositionen. Aber wie gesagt, wer das Demotape "Fleur de fleurs" und dazu das Album "ASH" besitzt, muss wohl kaum auf die Suche nach dieser Single gehen. Dem Rest, der sich gerne guten alten Oldschool VK ohne gröbere Einmischung von Hitproduzenten antut, ist diese CD ein deutlicher Geheimtipp, wenn auch mittlerweile wirklich selten.
