Review

Plastic Tree - Ink

08/01/2013 2013-01-08 20:41:00 JaME Autor: Jærn

Plastic Tree - Ink

Ein Vergleich aller Editionen<br /> VÖ: 12.12.2012


© Plastic Tree
Album CD + DVD

Ink (Luxurious Limited Edition)

Plastic Tree

Die drei Editionen im Vergleich

CD1: Ink (alle drei Editionen)
1. Rorschach (Hidari)
2. Ink
3. Kuchizuke
4. Piano Black
5. Avantgarde
6. Life is beautiful
7. Kimi ha Kanaria
8. Joumyaku
9. Tefutefu
10. Shion
11. 96 (218) Shousetsu,(kakumo) nagaki fuzai
12. Rorschach (Migi)

CD2: Hide and Seek (Rebuild) (nur in den beiden limitierten Editionen enthalten)
1. Itai Ao (Rebuild)
2. Ether Note (Rebuild)
3. Wareta Mado (Rebuild)
4. Closet Child (Rebuild)
5. Snow Flower (Rebuild)
6. Hide and Seek #3
7. Trance Orange (Rebuild)
8. Mahiru no Tsuki (Rebuild)
9. Suisou. (Rebuild)
10. Nejimaki Neurose (Rebuild)
11. Hide and Seek #4

DVD1+2: Tent ③-Auftritt vom 14.4.2012 im Nippon Budokan (nur in der speziellen Überfliegeredition mit dem Vogel vorne drauf)
1. Itai Ao
2. Kuchizuke
3. Melt
4. Et Cetera
5. Sanbika
6. Joumyaku
7. 37°C
8. Aoi Tori
9. Gerbera
10. Uwa no Sora
11. Ai Yori Aoku
12. Duet
13. Ruisen Kairo
14. Melancholic
15. Harusaki Sentimental
16. Andro Metamorphose
Zugabe:
17. Hate red, dip it
18. puppet talk
19. Kuuchuu Buranko


Das neue Material - Ink

Bass, ganz viel Bass versetzt die Luft in Vibration, das Schlagzeug folgt, die Spannung steigt. Die Gitarren setzen ein und dann Ryutaros unverkennbare Stimme. Mit "Ink", dem gleichnamigen Titellied des Albums legen Plastic Tree gleich einen fulminanten Start hin. Ein genialer Streich ist ihnen damit gelungen, zeigt sich doch an der flotten Rocknummer eine geglückte Weiterentwicklung der vier Japaner. Erinnern tut das Lied stark an "Utsusemi" vom 2008er Album, aber mit einem Schuss mehr Spritzigkeit und Dichte in Musik und Gesang sowie einem Jahrhundertrefrain. Das Lied steht repräsentativ für Plastic Trees Schaffen des letzten Jahrzehnts. Es sind alle Markenzeichen der Gruppe enthalten, welche in diesem Einstandsmeisterwerk gekonnt vereint werden und zeigen, dass hier in einer ganz eigenen Liga gespielt wird. Besser kann man in kein Album starten.

Dezenter und zurückhaltender aber nicht minder beeindruckend geht es bei "Kuchizuke" weiter. Unterstützt wird das Lied von Pianoklängen, welche sich gut mit der dargebotenen leichten Rockmusik vermischen. Da stimmt die Harmonie und man findet sich mitten in der einzigartigen Gefühlswelt von Plastic Tree wieder. Obwohl sich der nächste Titel "Piano Black" nennt, hat er im Gegensatz zum Vorgänger nichts mit diesem Instrument zu tun. Sehr atmosphärisch klingt das Stück - die Elektronik in perfekter Symbiose mit Ryutaros Stimme im Vordergrund, Gitarre, Bass und Schlagzeug ganz in den Hintergrund gedrängt. Ein nettes, herausragendes Experiment, bei dem jeder für sich selbst wissen muss, ob man diese Art Musik von einer Gruppe wie Plastic Tree hören will.

"Avantgarde" stellt das "Visual Kei-Debüt" der vier Japaner dar. Die Nummer ist sicher nicht schlecht, erinnert aber stark an aufgewärmte Erfolgstitel aus the GazettEs Anfangstagen oder Frühwerke anderer mittlerweile groß gewordener VK-Gruppierungen: Verspielt, naiv und technisch unvollkommen. Einzig Ryutaros Gesang lässt die Nummer mit Augenzudrücken noch als Plastic Tree Komposition durchgehen.

Über "Life is beautiful" gibt es wenig zu sagen, da außer dem penetrant-schlechten Refrain nichts in Erinnerung bleibt. Monoton und langweilig geht es mit "Kimi ha kanaria" weiter, welches musikalisch als 60er Retro bis übertrieben sentimental einzustufen ist. Irgendwie erinnert es stark an pseudodramatisch-kitschige J-Dorama-Hintergrundmusik. Mit Hildegard Knef am Mikrofon wäre "Kimi ha kanaria" jedenfalls sicher stimmig und zu einem Welthit geworden, so bleibt es nur ein Griff ins Klo.

"Joumyaku" aber reißt das Ruder glücklicherweise wieder herum. Die Band findet zu ihrer Stärke wieder, denn die Nummer ist ein geniales und vor allem zeitloses Rockfeuerwerk. Frisch, unverbraucht und mit einer überdurchschnittlichen Portion Enthusiasmus fegen Plastic Tree ihre Mitbewerber vor allem mit ihrem gefinkelten Gitarrenspiel vom Parkett. Auch das Schlagzeug ist hier überdurchschnittlich präsent und trägt seinen Teil zur Vollkommenheit dieses Stücks Musikkunst bei.

Ganz andere Töne werden bei "Tefutefu" angeschlagen. Die Musiker geben sich hier außergewöhnlich trüb, düster und trist. Es kommt nicht oft vor, dass Schmerz und Traurigkeit so authentisch vertont werden. Selten sind diese Momente, in denen jeder Ton, jedes Hauchen dermaßen unter die Haut geht. Weitaus oberflächlicher präsentiert sich das folgende "Shion". Auch im langsameren melancholischen Bereich anzusiedeln ist es bestenfalls oberer Durchschnitt. Gleiches gilt für das Instrumentalstück "96 Shousetsu, nagaki fuzai" das im direkten Vergleich mit "—Anten." den Kürzeren zieht.

Im Gegensatz zum Vorgängeralbum "Ammonite" ist "Ink" ruhiger und melancholischer ausgefallen. Neben den überwältigenden Ausnahmestücken "Ink" und "Tefutefu" und den starken Singleauskopplungen "Kuchizuke" und "Joumyaku" sind auch "Shion" und "Piano Black" gut gelungen. Einzig im Mittelteil schwächelt die Scheibe massiv.

7,5/10 Punkte

Das "alte" neue Material - Hide and Seek (Rebuild)

Plastic Tree haben ihr Debütalbum neu aufgenommen. Ob es so eine Veröffentlichung braucht oder nicht, sei dahingestellt.

Gleich bei "Itai Ao" merkt man den fülligeren Klang im Vergleich zum Original und wenn es so weiterginge, wäre alles in Ordnung. Eines besseren belehren uns aber die drei folgenden Stücke "Ether Note", "Wareta Mado", "Closet Child". Der Gesang ist oft verzerrt und/oder seltsam, das Schlagzeug klingt nach einer Blechdose, auf welche eingeschlagen wird. Und die Lieder klingen als Ganzes so, als wären sie nicht vom Rost und Dreck vergangener Tage befreit worden. "Ether Note" ist der ganz große Verlierer des Albums. Hatte das Lied auf der 2011er DVD "[Yuku Pura Kuru Pura] Furikae Kouen [Yuku Pura Kita Pura]" bei ihrem Konzert noch so spritzig geklungen, bekommt man ein Jahr später eine dermaßen lahmarschige und unausgegorene Version vorgesetzt, die sich jedem Verständnis entzieht. "Closet Child" hingegen ist eher ein Grenzfall, da hier vor allem das stimmliche Versagen zu beklagen ist, nicht so sehr das erstklassige, berauschende Instrumentale.

"Snow Flower" bringt abermals die Wende. Es ist vielleicht nicht besser als das Original aber eben auch nicht schlechter, nur eben anders. "Trance Orange" wirkt in der Neubearbeitung reifer, klarer, zeitgemäß und durch die dezente elektronische Untermalung um vieles interessanter als auf "Hide and Seek". Gleiches gilt für "Mahiru no Tsuki", einer weiterer Gewinner der Neuaufnahmen. Hier passt vom Gesang bis zum Klang einfach alles und erfüllt damit auch die Erwartungen, welche an Plastic Tree mittlerweile gestellt werden dürfen.

Nach dem etwas zu dumpf geratenen "Suisou." haben Ryutaro und seine Mannen mit "Nejimaki Neurose" noch eine extrem dreckig-wilde Nummer am Start, welche dem Original durch die fettere Produktion klar überlegen ist. Den beiden mehr oder weniger instrumentalen Stücken "Hide and Seek #3/#4" steht ihr neues Klanggewand sehr gut, wobei #4 stellenweise ein Bisschen nach "Thirteenth Friday" vom Album "Ammonite" klingt.

Es ist nicht alles Gold was glänzt und es glänzt nicht alles wo Plastic Tree draufsteht. Das gilt eben auch für "Hide and Seek (Rebuild)". Positiv daran ist, dass die Originalkompositionen nicht zu sehr verändert oder verhunzt wurden. Alle Nummern sind ganz klar als Neuaufnahmen zu erkennen. Trotzdem ist zu beanstanden, dass teilweise zu wenig verändert und vieles nicht dem aktuellen und sterileren Klang der Gruppe angepasst wurde. Einige der Lieder klingen frischer und interessanter, andere fast so, als hätten die Japaner krampfhaft versucht, doch noch irgendwie nach 90er Jahre zu klingen, was eine Neuaufnahme aber nicht rechtfertigen würde und auch misslungen ist.

6/10 Punkte

Tent ③ - 14.4.2012 im Nippon Budokan

Wo könnte man sich besser von den spielerischen Fähigkeiten einer Gruppe überzeugen als bei einem Auftritt? Nachdem uns Plastic Tree neues Material präsentiert und uns die Vergangenheit in die Zukunft geholt haben, werden wir noch mit einem Konzertmitschnitt belohnt.

Bereits beim Intro sticht sofort die Bühnendekoration ins Auge, welche, zum Titel des Konzerts passend, einem Zelt gleicht, und spätestens beim eröffnenden "Itai Ao" wird klar, dass Bild und Ton keine Wünsche offenlassen. Die professionelle Produktion, ob Klang oder Licht, überrascht nicht. Alles andere wäre für Plastic Tree anno 2012 sowieso undenkbar.

Geboten wird ein Querschnitt ihres fast zwanzigjährigen Schaffens. Der Schwerpunkt liegt dabei am 2006er Album "Chandelier", von welchem es gleich fünf Lieder in die Setliste des Konzerts geschafft haben. Stilsichere und mit viel Energie dargebotene heftig-rockige Nummern wie "Melt", "Melancholic" oder die zum Mitfiebern und -singen animierende B-Seite "Ai Yori Aoku" reihen sich zwischen ruhig-gefühlvolle Perlen wie "37°C", "Aoi Tori" und das pianodominierte "Harusaki Sentimental" ein.

Spaßige und verspielte Stücke mit einem Hauch von Elektronik versehen kommen auf "Tent ③" auch nicht zu kurz. Mit "Duet" und "Uwa no Sora" haben Plastic Tree zwei flotte, tanzbare Nummern am Start, welche weit über herkömmlichen Standardrock hinausragen. Auch die beiden Neulinge "Kuchizuke" und "Joumyaku" überstehen ihre Feuertaufe unbeschadet. Hier überzeugt vor allem Ersteres, welches uns mit unglaublich viel Gefühl und Exaktheit präsentiert wird. Einziger Wermutstropfen ist, dass bei "Ruisen Kairo" Ryutaros Gitarre nicht so richtig mitspielen will - ansonsten ein sehr gelungener und kaum übertrefflicher Hauptteil der vier Japaner.

Die Zugabe ist eine "Chandelier"-Vollbedienung und zeigt wie vielseitig das Album ist, könnten die drei Lieder doch nicht unterschiedlicher sein. Der Nackenbrecher "Hate red, dip it" macht den Anfang und im Publikum gibt es keine Zurückhaltung - es wird mitgeeifert, was das Zeug hält. Nach dem schnellen und lebendigen "puppet talk" wird der Abspann gesetzt - ein gefinkelter Schachzug, um den Zuschauer dazu zu bewegen, sich diesen anzugucken.
Es folgt eine nicht gelistete alternative Version von "—Anten." mit Riffs von "Andro Metamorphose". Ryutaro betritt noch einmal die Bühne in einem Clownkostüm für die theatralische und überlange Aufführung von "Kuuchuu Buranko", bevor endgültig der Vorhang fällt.

Die Band schafft es mit "Tent ③", Lieder ihrer ganzen Karriere auf das gleiche Niveau zu bringen, wodurch der Fan ein sehr homogenes Konzert genießen kann. Sie zeigen einmal mehr, dass sie zu den ganz großen gehören, und nicht nur im Studio gut klingen können. Der eine oder andere mag sich an der Titelauswahl für die Setlist stoßen, aber eine Gruppe wie Plastic Tree müsste wahrscheinlich ein vierstündiges Konzert geben, um einigermaßen alle ihre Meisterwerke im Set zu berücksichtigen. Dafür wurden aber Lieder miteinbezogen, welche sich schon länger nicht mehr oder noch nie auf einer Plastic Tree DVD fanden.

10/10 Punkte

Zusammenfassung

Für die reguläre Edition gibts 7,5/10 Punkte.

Die limitierte Edition kommt aufgrund der schönen Aufmachung und des Preis-Leistungs Verhältnisses mit viel Augenzudrücken noch auf 7/10 Punkte.

Für die Spezialedition, welche Tent ③ und "Hide and Seek (Rebuild)" beinhaltet, gibt es aufgrund des überragenden Konzertes 9/10 Punkte.
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